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0Oft kaufen wir etwas und haben schon kurze Zeit später das Bedürfnis, unsere Ware wieder umtauschen zu müssen. Während manche das Gespräch mit den Händlern scheuen, sind andere davon überzeugt, dass Verkäufer verpflichtet sind, Produkte zurückzunehmen. Doch stimmt das überhaupt? Unter welchen Umständen sind Händler tatsächlich verpflichtet, Waren umzutauschen oder ihren Wert zu erstatten? Tim Seithe, CEO und Gründer vom digitalen Kassensystem Tillhub, klärt uns über die sieben größten Mythen in Sachen Rückgaberecht auf und zeigt, welche Unterschiede es im Einzel- und Onlinehandel zu beachten gilt.
Mythos 1: Händler müssen Waren zurücknehmen
Viele Kunden sehen es als selbstverständlich an, dass sie gekaufte Ware auch wieder problemlos zum Händler zurückbringen können. Dies ist jedoch ein Irrglaube, denn es herrscht in Deutschland keine Rücknahmepflicht. Einzig und allein aus Gründen der Kulanz und Kundenfreundlichkeit können Händler Waren zurücknehmen, umtauschen oder den Einkaufswert auszahlen. Gesetzlich vorgeschrieben ist jedoch, dass Waren wie frische Lebensmittel, Blumen, Maßanfertigungen, Kosmetika, Schmuck und entsiegelte CDs oder DVDs, unter anderem aus hygienischen Gründen, vom Umtausch ausgeschlossen sind. Ebenso ist Ware, die starke Gebrauchsspuren aufweist – wenn diese zu keinerlei Mängeln und Defekten geführt haben – nicht umtauschbar. Um Missverständnissen vorzubeugen, können Händler dies im stationären Handel nochmal ausdrücklich in ihre AGBs aufnehmen und diese sichtbar für Kunden platzieren. Zusätzlich können Kunden nochmal mündlich bei jedem Kauf auf ihre Rechte zwecks Rückgabe aufmerksam gemacht werden. Andersherum sollten die Käufer bei jedem zweifelhaften Einkauf nochmal genau an der Kasse oder beim Storepersonal nachfragen, unter welchen Umständen die Ware umgetauscht werden kann.
Mythos 2: Man kann Waren nur innerhalb von 14 Tagen umtauschen
Im Einzelhandel trifft dies nicht zu, denn wie bereits erwähnt, gilt hier kein grundsätzliches Rückgaberecht. Eine Ausnahme ist, wenn dies in den AGBs ausdrücklich festgehalten ist. So ist beispielsweise auf den Kassenbons großer Modemarken mitunter eine Frist vermerkt, bis wann sie Kleidung zurücknehmen. Diese schwankt in der Regel zwischen 14 und 28 Tagen. Anders sieht es im Onlinehandel aus. Hier gilt tatsächlich ein 14-tägiges Rückgaberecht. Käufer und Händler schließen hier einen Fernabsatzvertrag ab. Dieser besagt, dass Kunden ein 14-tägiges Widerrufsrecht haben – dieses beginnt meist ab Erhalt der Ware. Auch dies sollten Händler besonders im Online-Bereich in ihren AGBs festhalten und Kunden sollten sich ausführlich informieren und die Rückgabefrist im Blick behalten.
Mythos 3: Bei Rückgabe oder Umtausch muss ein Grund angegeben werden
Müssen wir tatsächlich begründen, warum wir den neu gekauften Pullover nun doch nicht behalten wollen? Ja – bei Onlineshops trifft dies tatsächlich zu! Hier greift das Widerrufsrecht. Möchte man den Pullover also zurückgeben, weil es die falsche Größe ist oder weil er nicht den Vorstellungen entspricht, dann muss dies dem Onlineshop gegenüber erklärt werden. Das Rücksenden der Ware allein reicht seit 2014 nicht mehr aus. Für Onlinehändler ist es daher sinnvoll, den Kunden entgegenzukommen und beispielsweise Musterwiderrufsformulare anzubieten, wo Käufer über Ankreuzmöglichkeiten einfach und bequem angeben können, warum die Ware nicht mehr gefällt. Die Kosten einer Rücksendung liegen erst einmal bei den Kunden, allerdings bieten die meisten Onlineshops heutzutage eine kostenlose Retoure an. Für den Einzelhandel gilt wieder ganz klar – alles kann, nichts muss.
Mythos 4: Die Garantie schützt Verbraucher zwei Jahre lang vor Mangelware
Verbraucher und Händler sind sich nicht immer einig, wann eine Garantieleistung gewährt ist und wann man sich an den Hersteller wendet. Zunächst muss man hier zwischen den Begrifflichkeiten Garantie und Gewährleistung unterscheiden. Die Gewährleistung beschreibt nach § 437 BGB die gesetzlichen Ansprüche des Käufers in einem Kaufvertrag. Sie besagt, dass Verkäufer sich dazu verpflichten, Waren, die frei von Sach- und Rechtsmängeln sind, zu verkaufen. Die Gewährleistungsfrist beträgt laut § 438 BGB insgesamt 24 Monate. Bei Gebrauchtwaren kann sie jedoch über die AGBs oder über eine beidseitige Vereinbarung auch bei zwölf Monaten liegen. In der Praxis wird in den ersten sechs Monaten nach Kauf davon ausgegangen, dass ein Produkt schon zum Lieferzeitpunkt mangelhaft war. Daher hat der Kunde in der Regel in dieser Zeit gute Karten, seine Ansprüche gegenüber dem Käufer durchzusetzen. Hier hat er vorrangig ein Recht auf Nacherfüllung – diese ist durch Lieferung eines neuen Produktes oder die Beseitigung der Mängel z.B. durch eine Reparatur zu erfüllen. Welche Art der Nacherfüllung hier geleistet wird, entscheidet grundsätzlich der Käufer und nicht der Verkäufer. Funktioniert beispielsweise nach über sechs Monaten ein gekauftes Gerät nicht mehr, dann ändert sich die Beweislast. Nun ist der Kunde in der Pflicht zu beweisen, dass das Produkt schon beim Kauf einen Mangel aufwies.
Die Garantie hingegen ist eine freiwillige Dienstleistung des Händlers oder Herstellers, die zusätzlich zur Gewährleistung bestehen kann. Händler wollen somit zeigen, dass die Ware von hoher Qualität ist. Eine Garantie bezieht sich in der Regel auf die Funktionsfähigkeit bestimmter Teile oder des gesamten Produktes. Sie ist in einer Garantieerklärung festgehalten. Im Gegensatz zur Gewährleistung spielt bei der Garantie der Zustand der Ware zum Zeitpunkt des Kaufs keine Rolle. Eine Garantie verringert oder ersetzt auch den Anspruch an die gesetzlich geregelte Gewährleistung nicht. Verbraucher sollten auf dem Schirm behalten, dass sowohl beim Online- als auch beim Offlinekauf die Gewährleistung über die Händler gegeben ist und die Garantie in der Regel über die Hersteller. Dementsprechend sollte man sein Anliegen an den richtigen Ansprechpartner adressieren. Einzelhändler sind gut damit beraten, Kunden auch beim Einfordern der Herstellergarantie zur Seite zu stehen. So bieten viele Fachgeschäfte an, dass sie defekte Geräte an die Hersteller zur Reparatur oder zum Austausch schicken. Scheitert eine Reparatur zweimal oder schlägt eine Ersatzlieferung fehl, dann kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten oder die Minderung des Kaufpreises fordern.
Mythos 5: Reduzierte Ware ist vom Umtausch ausgeschlossen
Oft lesen wir im Einzelhandel, aber mittlerweile auch in vielen Onlineshops den Hinweis „reduzierte Ware vom Umtausch ausgeschlossen“. Doch stimmt das tatsächlich? Grundsätzlich müssen Produkte, auch wenn sie günstiger verkauft werden, mängelfrei sein, denn auch hier greift die Gewährleistungspflicht. Ist ein Artikel jedoch einwandfrei und gefällt lediglich nicht mehr, so ist der Einzelhändler nicht verpflichtet Waren umzutauschen. Anders verhält es sich wiederum im Onlinehandel, denn hier wird ja ein Fernabsatzvertrag geschlossen.
Mythos 6: Rückgabe oder Umtausch mangelhafter Ware nur im Originalkarton
Besonders größere Waren wie beispielsweise Fernseher oder andere Elektrogeräte sind oft in überdimensionalen Kartons verpackt. Schnell ist man dazu geneigt diese entsorgen zu wollen – doch es herrscht noch der allgemeine Glaube, dass man bei einem Defekt das Gerät wieder im Originalkarton versenden beziehungsweise zum Fachhändler bringen muss. Das ist jedoch falsch! Haben die Waren Mängel, dann kann man diese auch problemlos ohne Originalkarton zurückschicken oder zum Fachhändler bringen. Das Gewährleistungsrecht greift auch in diesem Fall. Käufer können sich also künftig problemlos von sperrigen Pappbehältnissen befreien, sollten aber gerade im Onlinebereich einrechnen, dass eventuell nochmal Kosten für einen Alternativkarton anfallen könnten, denn das Gerät muss natürlich mit Verpackung seinen Weg in die Post finden.
Mythos 7: Gutscheine haben kein Verfallsdatum
Gutscheine sind eine beliebte Geschenkidee, weil sie viel Flexibilität bieten. Oftmals geraten sie jedoch in Vergessenheit und verstauben in der Schreibtischschublade. Doch laufen Gutscheine eigentlich auch ab? Die Antwort lautet „Ja“. Genau wie jeder zivilrechtliche Anspruch verjährt auch ein Gutschein innerhalb von drei Jahren. Gutscheine können jedoch auch auf nur ein oder zwei Jahre befristet sein. Diese Befristung können beispielsweise Unternehmen setzen, die Dienstleistungen anbieten. Grundsätzlich gilt außerdem, dass man sich nicht den Wert eines Gutscheins auszahlen lassen kann, wenn man nichts Passendes findet. Anders verhält es sich, wenn der Gutschein an eine bestimmte Ware gekoppelt ist und diese nicht mehr verfügbar ist. Grundsätzlich sind Gutscheine – auch wenn sie mit einem bestimmten Namen versehen sind – übertragbar, denn sie sind laut § 807 BGB ein kleines Inhaberpapier, das jeden, der es in den Händen hält, zu seiner Geltendmachung berechtigt.