Flugausfall Entschädigung – Welche Rechte hat man, wenn der Flug wegen Personalmangel ausfällt?

12. Oktober 2023

Reisende verpassen ihre Flüge aufgrund mangelnden Personals an den Check-In Schaltern und Security Check. Flugausfälle wegen Personalmangel: Diese Rechte haben Sie als betroffene Passagiere. Dafür sprachen wir mit dem Fluggastrechteexperte Julián Navas von AirHelp, dieser klärt Flugreisende über ihre Rechte auf. Denn Passagiere haben Anspruch auf eine Entschädigungszahlung gemäß der europäischen Fluggastrechteverordnung EG 261/2004.

Diese Rechte haben Passagiere

Flugausfälle und -verspätungen können zu Entschädigungszahlungen in Höhe von bis zu 600 Euro pro Fluggast berechtigen. Die Höhe der Entschädigungszahlung berechnet sich aus der Länge der Flugstrecke. Der rechtmäßige Entschädigungsanspruch ist abhängig von der tatsächlichen Verspätungsdauer am Ankunftsort sowie dem Grund für den ausgefallenen oder verspäteten Flug. Betroffene Passagiere können ihren Entschädigungsanspruch rückwirkend durchsetzen, bis zu drei Jahre nach ihrem Flugtermin.

Außergewöhnliche Umstände wie Unwetter oder medizinische Notfälle können bewirken, dass die ausführende Airline von der Kompensationspflicht befreit wird. Angekündigte wie unangekündigte Streiks bei der Airline gehören nicht dazu.

So sollten sich Passagiere verhalten

„Die größte Herausforderung für Flugreisende wird es sein, herauszufinden, wer letztendlich für Ausfälle und Verspätungen verantwortlich ist. Ob die Airline oder der Flughafen Schuld an Problemen des Fluges hat, wirkt sich auf das Recht auf Entschädigung aus. Sollte der Flug beispielsweise aufgrund von langen Wartezeiten bei der Sicherheitskontrolle nicht erreicht werden, sind Entschädigungen unwahrscheinlich. Anders sieht es bei betrieblichen Gründen wie einer fehlenden Crew aus, sowie Crew-Streiks wie dem Kabinen-Personal: Hier werden Entschädigungen seitens der Airline fällig. Wir empfehlen, dass Passagiere den Online-Check-In nutzen und so früh wie möglich am Flughafen erscheinen – statt zwei oder drei Stunden vielleicht sogar vier bis fünf. Bei Ausfällen empfehlen wir, sämtliche möglichen Beweise für den Ausfall zu sammeln und aufzuheben”, so der Experte Julián Navas von AirHelp.

Wird der Flug bis zu 14 Tage vor Reisedatum seitens der Airline gestrichen, haben Reisende ein Recht auf Entschädigung oder auf einen alternativen Flug, unabhängig davon, ob dieser von einer anderen Airline durchgeführt wird. Wird der Flug früher als 14 Tage vor Abflugdatum gestrichen, so haben Passagiere kein Recht auf Entschädigung, aber auf eine alternative Verbindung.”

„Es liegt auf der Hand, dass die Bemühungen der Fluggesellschaften, den geregelten Betrieb nach der Pandemie wieder aufzunehmen, unzureichend waren. Es handelt sich hier nicht um außergewöhnliche Umstände oder gar eine höhere Gewalt. Die Airlines hatten die Gelegenheit, sich für die Hauptreisezeit im Sommer nach der Pandemie vorzubereiten – welche sie einfach nicht genutzt haben. Personalmangel im Sicherheitsbereich und im Bodenpersonal, schlechtes Wetter und Bauarbeiten an einigen europäischen Flughäfen könnten zusätzlich für Probleme im Flugverkehr sorgen”, so Julián Navas.

Aufgrund der schwierigen Bedingungen für den Flugreiseverkehr rechnet er mit gravierenden Ausfällen und Verspätungen. Bereits jetzt werden zahlreiche Flüge im Sommer ersatzlos gestrichen. Da die Airlines maßgeblich für den Personalmangel verantwortlich sind, sind diese auch zu Entschädigungen gemäß der europäischen Fluggastrechteverordnung EG 261/2004 verpflichtet.

“Die personelle Lücke zu schließen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern, sollte Priorität der Fluglinien sein.”  Haben Airlines wie EasyJet oder die Lufthansa ihre Verpflichtungen gegenüber Reisenden missachtet, weil sie mehr Tickets verkauften als sie Flüge durchführen konnten, und jetzt wieder die Buchungen ihrer Kunden stornieren müssen?

Flugausfall Entschädigung - Welche Rechte hat man, wenn der Flug wegen Personalmangel ausfällt? -
Über den Wolken. Foto: Landwehr.

3 Tipps, was Urlauber am Flughafen tun sollten

Nach einem Krisengespräch zwischen dem Bundesverkehrsminister, Dr. Volker Wissing, und den Luftfahrtgesellschaften, wurde eine Koordinierungsgruppe auf Staatssekretärebene gegründet – was bedeutet das für die Verbraucher? Wie kommen sie bei den überbordenden Verspätungen an ihr Recht?

Volker Henn-Anschütz, Reiserechts-Experte und Seniorpartner bei Schumacher und Partner, erklärt die wichtigsten Maßnahmen, die Reisende treffen sollten:

  1. Mindestens drei Stunden vor Abflug eintreffen
  2. Bei Ankunft Beweis zur Ankunftszeit sichern (z.B. Foto vom Flughafen oder Abflugtafeln mit Zeitstempel oder Parkticket)
  3. Bei Pauschalreisen den Reiseveranstalter kontaktieren

„Wenn Sie sich am Flughafen so verhalten, gibt es zumindest ein finanzielles Trostpflaster“, so der Reiserechts-Experte Henn-Anschutz.

Die EU-Verordnung 261/2004

ach der EU-Verordnung 261/2004 stehen Betroffenen bei einer Abflugverspätung ab zwei Stunden die Verpflegung und mindestens zwei kostenfreie Telefonate zu. Verzögern sich Abflug und Ankunft um mehr als drei Stunden, müssen die Fluggesellschaften nach Entfernung gestaffelte Entschädigungszahlungen von bis zu 600 Euro leisten. Im Fall von Flugannullierungen ist die Airline dazu verpflichtet, zusätzlich den gesamten Ticketpreis zurückzuerstatten, wenn vom Angebot zur Ersatzbeförderung Abstand genommen wurde. Viele Fluggesellschaften weigern sich jedoch, die Entschädigungsleistungen auszuzahlen

Ein Überblick über die wichtigsten Regelungen im Bahn-, Bus- und Schiffsverkehr

Fast jeder hat es schon einmal selbst erlebt: der nervöse Blick auf die Uhr und die Frage „Wo bleibt die Bahn?“. Jeden Tag kommt es zu Verspätungen und Ausfällen im Bahn-, Flug-, Bus- und Schiffsverkehr. In vielen Fällen haben Betroffene Anspruch auf Fahrpreiserstattung oder sogar ein Anrecht auf Entschädigung.

Eisenbahnverkehr

Die Bahn ist mal wieder viel zu spät und auch nach 60 Minuten noch nicht in Sicht. In diesem Fall stehen Reisenden laut EU-Verordnung 1371/2007 eine Erstattung des Fahrpreises von mindestens 25% und die kostenlose Verpflegung mit Getränken zu. Bei Verspätungen ab 120 Minuten haben Bahnfahrer Anspruch auf eine Fahrpreiserstattung in Höhe von 50%. Bei einem Totalausfall hat das Warten ein Ende, da die Bahn dann die Kosten einer alternativen Beförderung übernehmen oder 100% des Ticketpreises zurückzahlen muss. Im Nahverkehr gelten andere Regelungen. Sollte sich der Arbeitsweg via Eisenbahn um mehr als 20 Minuten verlängern, können ohne Aufpreis andere Züge genutzt werden (z. B. RE, IC, ICE). Fällt der letzte Zug des Tages aus oder verspätet sich dieser zwischen null und fünf Uhr morgens um mindestens eine Stunde, kann alternativ auf Bus oder Taxi für die Weiterfahrt umgesattelt werden. In diesem Fall muss das Unternehmen Kosten bis zu 80 Euro übernehmen. Der Weg bis zur endgültigen Fahrpreiserstattung ist jedoch ohne ein wenig Bürokratie leider nicht zu meistern. Beim Service-Personal oder als Download im Internet erhalten Bahnreisende das „Fahrgastrechte-Formular“. Einmal ausgefüllt, muss es gemeinsam mit der Kopie des Fahrscheins direkt an die zuständige Service-Stelle geschickt werden. Maximal vier Wochen später sollte der Antrag bearbeitet sein und die Entschädigung in Form eines Gutscheins im Briefkasten liegen. Auf Wunsch geht das Geld auch direkt aufs Konto.

Busreisen

Viele Touristen bereisen ihre Urlaubsziele gern mit dem Bus. Technische Defekte oder Fehlplanungen können auch für Beförderungsausfall und -verzögerung sorgen. Eine einheitliche Regelung für Entschädigungen bei solchen Problemen gibt es bislang nicht. Betroffene sind meist auf die Kulanz der Anbieter angewiesen. Das ändert sich ab März 2013 per EU-Verordnung. Diese sichert Busreisenden fortan ähnliche Rechte wie Bahnreisenden zu. Danach sollen zukünftig bei Verspätungen von mindestens zwei Stunden oder Totalausfall eine alternative Reisemöglichkeit gestellt oder das Ticket zu 100% erstattet werden. Zusätzlich gibt es Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 50% des Fahrpreises bei Verspätungen von mehr als 120 Minuten. Außerdem sollen Reisenden bei Verpassen des Anschlusses bis zu zwei Hotelübernachtungen im Wert von 80 Euro gestellt werden. Diese Regelungen gelten ausschließlich für Fernreisen innerhalb der EU ab 250 km.

Schiffsreisen

Auch bei Schiffsreisen erwartet Betroffene ab Dezember 2012 eine einheitliche EU-Regelung der Fahrgastrechte. Bei Verspätungen ab 90 Minuten erhalten Fahrgäste eine finanzielle Entschädigung je nach Dauer der Fahrt und Länge der Verspätung in Höhe von 25% bis 50% des Fahrpreises. Es können aber auch eine alternative Beförderung oder Übernachtungen bis zu drei Nächten in Anspruch genommen werden. Boots- und Schiffsunternehmen, die nicht mehr als zwölf Passagiere auf einmal befördern können, sind von diesen Regelungen allerdings ausgenommen.

Tipps:

  • Sammeln Sie alle Belege und Fahrkarten.
  • Lassen Sie sich die Verspätungen oder Ausfälle vom Service-Personal auf der Originalfahrkarte bestätigen.
  • Schicken Sie keine Originaldokumente an das Unternehmen, sie könnten auf dem Postweg verloren gehen.
  • Beachten Sie die Einreichungsfristen, um Ihre Ansprüche geltend machen zu können.
  • Höhere Gewalt (wie z. B. Naturkatastrophen) kann den Anspruch auf Entschädigung gegebenenfalls ausschließen.

 

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